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T-Archive

(Data for Radical Interpretation)

 

Mitschriften von im öffentlichen Raum geführten Telefonaten, Installation

Transcriptions of telephone calls made in public space, Installation

 

 

Personenbezogene Daten und Informationen aller Art, sind in unserer vernetzten Welt, zu einem äußerst wertvollen Gut erhoben worden. Sie dienen nicht nur der staatlichen Überwachung und Kontrolle des Einzelnen, sondern stellen auch für Industrie und Wirtschaft eine kostbare Ressource dar. Die Überwachungsskandale der vergangenen Jahre, ließen dabei eine regelrechte Sammelwut deutlich werden, die hinter jeder noch so trivialen Information, einen potentiellen Nutzen zu erkennen scheint. Daten werden alleine aus dem Grund gesammelt und gespeichert, dass sie einmal brauchbar sein könnten. So lautet eines der allgemein vorherrschenden Grundprinzipien.

 

Aufbauend auf dieser Logik, begann ich unter dem Titel „T-Archive (Data for Radical Interpretation) eine eigene Sammlung von Daten anzulegen. Mein Fokus liegt hierbei auf Telefongesprächen, die von Passanten im öffentlichen Raum geführt werden.

Im Kontrast zu einer hoch technologisierten und digitalen Datenerfassung, arbeite ich ausschließlich mit analogen Mitteln. Treffe ich auf eine telefonierende Person, versuche ich das Gehörte handschriftlich aufzuzeichnen. Die so entstandenen Texte, werden jeweils mit einem skizzenhaften Portrait der Person, sowie den Orts- und Zeitangaben der Aufzeichnung ergänzt.

Objektivität, Reliabilität und Überprüfbarkeit sind Faktoren, denen bei der Erhebung von Daten eine große Bedeutung zukommt. Diese Qualitätskriterien bestimmen in der Regel über den ökonomischen Nutzwert der Information.

Dem versuche ich eine Vorgehensweise gegenüber zu stellen, die auf einer rein subjektiven Wahrnehmung basiert. Die Genauigkeit meiner Aufzeichnungen, hängt dabei stark von Einflussfaktoren wie der Sprechgeschwindigkeit der telefonierenden Person, deren Akzent oder der Lautstärke der Umgebung ab. Darüber hinaus, kann jeweils nur ein Ende eines Telefonates mitgehört werden.

 

Diese Aspekte führen dazu, dass die Bedeutung der gesammelten Information nie eindeutig bestimmt werden kann. Sie fordert zu einer Interpretation auf und bleibt spekulativ.

Hier sehe ich mein persönliches Hauptinteresse an dieser Arbeit. Die Daten sind zwar in ökonomischer Hinsicht unbrauchbar, dennoch generieren sie einen Mehrwert. Betrachtet man die Mitschriften, so beginnt man automatisch ein Narrativ zu konstruieren. Es entstehen Geschichten, die mehr noch als über die telefonierende Person, etwas über den Betrachter selbst aussagen.

 

 

You find the english version below

 

t_archive_weiz_1.jpg

Installation view at Kunsthaus Weiz, 2019

detailed view

Whispering_9_web.jpg

Installation view at Galerie 5020, Salzburg (AT)

T-Archive

(Data for Radical Interpretation)

 

Transcriptions of telephone calls made in public space, Installation, 2016 / 17

 

 

In our networked world, personal data and information of all kinds have become an extremely valuable asset. They not only serve to monitor and control the individual, but are also a valuable resource for both the industry and the economy. The surveillance scandals of the past few years have revealed a veritable collecting frenzy, which seems to show a potential benefit behind every trivial piece of information. Data is collected and stored for the sole reason that it may be useful one day. This is one of the generally prevailing basic principles.

 

Based on this logic, I started to create my own collection of data, which I titled “The T Archive (Data for Radical Interpretation)”. My focus here is on telephone conversations conducted by passers-by in the public space.

In contrast to highly technologized and digital data acquisition, I work exclusively with analogue means. When I come across a person making a phone call, I try to note it down by hand. The resulting texts are supplemented with a sketchy portrait of the person, as well as the location and time of the notes.

 

Objectivity, reliability and verifiability are factors of great importance when collecting data. These quality criteria generally determine the economic use value of information.

I try to contrast this with an approach based on purely subjective perception. Thereby, the accuracy of my notes depends heavily on factors such as the speed of speech of the person making the call, his or her accent or the volume of the ambient noise. In addition, I can only listen to one end of the call at a time.

 

These aspects mean that the importance of the information collected can never be unambiguously determined. It calls for interpretation and remains speculative.

Here I see my personal main interest in this work. Although the data are economically useless, they generate added value. If you look at the notes, you automatically start constructing a narrative. Stories emerge that tell more than just stories about the person making the phone call, they tell something about the viewers themselves.

 

Online Article at http://www.99prozenturban.de

 

Published: Jan. 2018

 

 

Hörst du noch oder lauschst du schon?

 

Text von Anna-Lena Wenzel

 

 

Wer kennt das nicht, wenn man ungewollt Zeuge der Telefongespräche seiner Sitznachbarn wird? Plötzlich wird man über intimste Details informiert oder darf lautstarken Auseinandersetzungen lauschen. Oft würde ich am liebsten meine Ohren verschließen, aber manchmal habe ich auch schon angefangen zu lauschen und zu spekulieren, wer auf der anderen Seite spricht und was dort gesagt wird.

 

Der Künstler Michael Heindl hat dieses Belauschen zur Kunst erklärt: Er ist mit offenen Ohren mit öffentlichen Verkehrsmitteln gefahren und hat das Gehörte notiert. Ergänzt werden diese Protokolle durch eine schnelle Porträtzeichnung sowie das Datum und den Ort der Aufzeichnung. Mittlerweile hat er über 150 Gespräche festgehalten und eine eigene Archiv-Installation (T-Archiv, 2016/2017) für sie gebaut.

 

Den Künstler interessiert dabei der Kontrast zwischen den so freimütig mitgeteilten und „nutzlosen“ Informationen und der ökonomischen Verwertbarkeit dieser Daten in anderen Zusammenhängen. Obwohl die belauschten Gespräche in ökonomischer Hinsicht unbrauchbar sind, generieren sie seiner Meinung dennoch einen Mehrwert: „Betrachtet man die Mitschriften, so beginnt man automatisch ein Narrativ zu konstruieren. Es entstehen Geschichten, die mehr noch als über die telefonierende Person, etwas über den Betrachter selbst aussagen“, heißt es auf seiner Webseite. Dem kann ich nur zustimmen (und fühle mich ein bisschen ertappt dabei). 

 

 

 

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