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Drawing From Nature

Video, 8 min, 2024

Video, 8 min, 2024

Wem vor farbenfroh schillernden Sammlungen von auf Brettern festgezurrten, toten Schmetterlingen in den Museen ein Schauer über den Rücken läuft, dürfte in Michael Heindls Drawing from Nature ein anhaltendes Unbehagen wieder erkennen. Es betrifft das Verhältnis zwischen Mensch und sogenannter Natur. In drei statisch gefilmten Versuchsanordnungen zeigt der Filmemacher verschiedene Konstellationen, in denen die menschliche Neugierde für die Welt der Vögel, Pflanzen und Insekten in eine Zerstörung führt. Vögel, die in einer sie fütternden Kornhand das eigentliche Futter entdecken, Pflanzenblätter, die soweit beschnitten werden, bis sie einem menschlichen Arm gleichen und Insekten, die nur dann exakt gemalt werden können, wenn sie sich nicht mehr rühren. Die Neugierde hängt hier also vor allem am künstlerischen Impuls, der Bewegungen festhalten, Formen erkennen und Eigenheiten herausstellen möchte. Die scheinbare Verspieltheit der drei Episoden fügt sich nahtlos ein ins Werk Heindls, aber auch hier lauert hinter der verschmitzten Faszination ein gesellschaftskritischer Ansatz. Gefragt wird nach dem schmalen Grad zwischen einer Hinwendung an die Welt und der destruktiven Dominanz selbiger. Diese Frage betrifft nicht nur die Kunst. Sie legt den Finger in die unzähligen Wunden im zivilisatorischen Umgang mit dem Planeten. Der Titel ist im doppelten Wortsinn zu verstehen. Man zeichnet nach der Natur, aber man zieht auch etwas aus ihr heraus. Dass Heindl die dafür angewandte Gewalt in der letzten Episode schonungslos offenlegt, beschäftigt nachhaltig. Am Ende bewegt sich der animierte Käfer auf dem Bild, der wirkliche liegt regungslos vor der Kamera. Irgendwo zwischen der lebendigen Kunst und der toten Natur ist etwas verloren gegangen, Heindl fragt sich und uns, was es ist.

(Text: Patrick Holzapfel)


 

English version below

 

 

 

 

 

 

Teaser "Drawing From Nature"

In this filmic work, I deal with the ambivalent consequences of human curiosity, in which attention and interest in something brings with it the possibility of its destruction. I am particularly interested in the tipping points at which curiosity and the associated openness to the unknown turn into an urge to control.

The title "Drawing From Nature" refers to the artistic practice of nature study. It is a way of visually and mentally appropriating what is observed, which subsequently allows one to freely dispose of the representation of the motif. I make use of this principle in my work. In my nature studies, however, I try to include both the motif and the observer. Specifically, my interest here is in the area between the two poles, the area of tension in which the balance between open-mindedness and dominance is decided.

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Film Stills "Drawing From Nature"

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